Spornradfliegen

...ist anders.... , denn der Schwerpunkt liegt beim Spornradflugzeug hinter dem Hauptfahrwerk!  Daraus ergibt sich

Vorteil Querachse: Das Flugzeug ĂŒberschlĂ€gt sich nicht beim ersten Kaninchenloch oder im Schnee. Kein zartes Bugrad bricht am MaulwurfshĂŒgel ab. Beim Ausrollen bremsen die Klappen stĂ€rker durch den grossen Winkel des schrĂ€gen Rumpfes. Es kann stĂ€rker gebremst werden => kurze schlechte Pisten sind also möglich: Deshalb hatten frĂŒher alle Flugzeuge Spornrad- Fahrwerke. Der Rest ist der grosse... 

Nachteil Hochachse: Liegt der Massenschwerpunkt hinter dem Fahrwerk, will er das Flugzeug um seinen Drehpunkt drehen => Richtungsabweichungen werden verstÀrkt. Bei jeder Gelegenheit will ein Spornradflugzeug am Boden also zur Seite und leider nicht geradeaus!

Rollen:
Hierbei ergibt sich, nebenbei gesgt, eine gute Möglichkeit, sich optisch die Dreipunktlage einzuprÀgen, in der wir aufsetzen wollen.

Erster Grundsatz: KnĂŒppel voll gezogen halten. So hĂ€lt man allein durch den Propellerstrahl das Rumpfheck auf dem Boden.

Bei RichtungsĂ€nderungen ist Vorausschau gut. Schon bevor es wieder geradeaus gehen soll, muss Gegenseitenruder gegeben oder auch einseitig gegengebremst werden, um den Schwung, mit dem das Rumpfheck herumkommt, frĂŒhzeitig,  - „wie beim Schleudern auf Eis“ - zu stoppen.

Startlauf:
Richtung halten ist entscheidend. Der Startlauflinie gilt die ganze Aufmerksamkeit. Niemals mit dem Schwung des auf-die-Bahn-rollens gleich weiter: dabei habe ich schon mal die Piste verlassen, weil ich den Drall nicht wegbekommen habe.

Also am Abflugpunkt stehen bleiben, ausrichten, die Windrichtung checken, das rechte Seiteruder schon mal antesten, nur langsam Gas geben und dann entschlossen die Richtung halten: Hier zusĂ€tzlich also ein Startjob mit derselben Aufmerksamkeit und Reaktionsschnelle, die uns bisher fĂŒrs landen reserviert schien.

Theorie der KrĂ€fte fĂŒr Theoretiker:
Torque: Bei rechtsdrehendem Propeller will er das Flugzeug nach links drehen. Je stĂ€rker der Motor, um so grĂ¶ĂŸer ist auch diese Kraft. WĂ€hrend sie bei einer Piper Cub mit 90 PS kaum eine  Rolle spielt, ist sie bei krĂ€ftigeren Flugzeugen deutlich zu spĂŒren.
P-Faktor: Beim Anrollen steht beim Spornradflugzeug die Propellerebene schrĂ€g nach oben. Daraus resultiert ein grĂ¶ĂŸerer Anstellwinkel des sich nach unten bewegenden Propellerblattes gegenĂŒber dem nach oben laufenden. Das rechts nach unten laufende Blatt produziert mehr Vortrieb. Das Flugzeug wird nach links gezogen, solange der Motor schrĂ€g nach oben steht.
Gyroskopischer Effekt: In der Phase des Spornhochnehmens geben die KreiselkrÀfte des Propellers dem Flugzeug ebenfalls einen Impuls nach links.

FĂŒr die Praxis bedeuten die einwirkenden KrĂ€fte, dass ein Spornradflugzeug vom Anrollen an gezĂ€hmt werden will, um es gerade auf der Bahn zu halten. Man hat also mehr davon, fliegt schon quasi am Boden.

Beim Startlauf bleibt der KnĂŒppel zunĂ€chst voll gezogen. Wegen der oben beschriebenen KrĂ€fte heißt es gleichzeitig, ins rechte Seitenruder zu treten. Man beachte das letzte Wort, zumindest bei der DO27. Dabei mag es Neulinge ĂŒberraschen, wie herzhaft gerade bei stĂ€rkeren Flugzeugen in der Anrollphase das Seitenruder eingesetzt = getreten! werden muss (manche Bugradflieger haben die Existenz der Seitenruderpedale schon fast vergessen...).

Ist eine sichere Geschwindigkeit erreicht, kann das Heck durch Nachlassen im Höhenruder - drĂŒcken bei der DO27 bei 30 kts - hochgenommen werden.

Jetzt befindet Pilot sich in einer ungewöhnlichen zwittrigen - hoffentlich nicht zittrigen - Lage, in der sein Spornradflugzeug hoffentlich der Piste folgt: Vorne rollt es, hinten fliegt es.
Auf dem Foto sieht man tatsĂ€chlich, wie das Seitenruder deutlich nach rechts zeigt. Genauso sieht es ĂŒbrigens bei der Radlandung aus. 

Landetechniken:

Ob man die Radlandung (auch “Lufthansa-Landung” genannt, die JU52 D-AQUI landet so z.B.), also den Bodenkontakt zuerst nur mit den HauptfahrwerksrĂ€dern - oder die Dreipunktlandung bevorzugt, hĂ€ngt von den Eigenschaften des Flugzeugs, der Piste (Gras / hart) und der aktuellen Situation, z.B. der SeitenwindstĂ€rke ab.

FĂŒr alle Landearten gilt: Das Flugzeug sollte ohne SeitwĂ€rtsdrift aufgesetzt werden. Wer schiebend aufsetzt, kann schnell die Kontrolle ĂŒber die Richtung verlieren. Wie beim Start gilt auch bei der Landung mit einem Spornradflugzeug der Richtungskontrolle die grĂ¶ĂŸte Aufmerksamkeit: Jede Drehbewegung zur Seite verstĂ€rkt sich, nichts hilft, die Richtung zu halten außer dem beherzten Seitenruder- /Gas-/ Bremseneinsatz.

ZunĂ€chst zur Radlandung: Ich mache sie meist bei harten Bahnen, weil sie das Spornrad schont. Sie ist einerseits recht einfach, wenn man ihre Eigenheiten beachtet, andererseits aber wegen der höheren Geschwindigkeit ein wenig gefĂ€hrlicher wenn’s kracht, aber das ist wiederum weniger wahrscheinlich, weil man mehr Kontrolle hat:

Das Flugzeug wird in Horizontalfluglage mit Gas an die Bahn geflogen - wobei der Bodenkontakt sanft durch Gasnachlassen erfolgen sollte. In den Bremsen sollte man besser nicht stehen....und der CoPi / Fluggast rechts nimmt besser seine FĂŒĂŸe  von den Pedalen.
Immer quietscht es, wenn die Reifen blitzbeschleunigen. Folgt eine schwarze Wolke und das Flugzeug humpelt die Bahn lang, haben wir den Reifen eckig gebremst?

Je hĂ€rter der Landestoß oder schwerer das Heck, umso tiefer drĂŒckt der hinten liegende Schwerpunkt den Rumpf nach unten, was in diesem Moment eine Erhöhung des Anstellwinkels bedeutet, also mehr Auftrieb. Das Flugzeug wĂŒrde also gern einen Freudensprung machen. Deshalb muss bei der Radlandung beim Bodenkontakt der KnĂŒppel gedrĂŒckt werden, um das erneute Abheben zu verhindern; - das ist genau das Gegenteil von dem, was man bei der Dreipunktlandung macht, muß also geĂŒbt und im Endanflug mental als Verfahren gecheckt werden: “Beim Aufsetzen drĂŒcken!“ Ist alles stabil, wird das Gas herausgenommen, und man lĂ€sst das Heck langsam herunterkommen.

Gibt es ein Problem, z.B. bei starkem Seitenwind, ist es bei der Radlandung leichter möglich durchzustarten, weil etwas Gas steht, das Flugzeug relativ schnell ist, sowieso hinten noch „fliegt“ und die Trimmung auf Anfluggeschwindigkeit ist.

Dreipunkt- und Full-Stall-Landungen

sind nicht zu trennen. Bei der letztgenannten wird meist das Spornrad unmittelbar vor dem Hauptfahrwerk Bodenkontakt haben. Oft liegt die Strömungsabriss-Lage in der Dreipunkt- Aufsetzlage.

Dreipunktlandung:

Bei ihr schwebt das Flugzeug ĂŒber der Landebahn aus und wird beim langsamerwerden in möglichst geringer Höhe so weit gezogen, dass Sporn- und HauptrĂ€der gleichzeitig die Piste berĂŒhren. Haben alle drei RĂ€der Bodenkontakt, wird der KnĂŒppel bis zum Anschlag durchgezogen. Bei der Full-Stall-Landung sollte der KnĂŒppel schon unmittelbar vor dem Aufsetzen voll gezogen sein. In dieser Stellung muß pilot dann Geduld haben, hĂ€ngt in ungewöhnlicher Stellung mit etwas Gas hoffentlich nur 10 cm in der Luft und kann “sowieso nichts mehr Ă€ndern”: warten auf das Aufsetzen des Spornrades, diesmal vielleicht supersanft mit allen dreien: ein Fest. Oder =>

Problem: zu hoch: Ist die Maschine “richtig langsam” aber zu hoch, kracht sie runter, wenn sie nicht knapp ĂŒber dem Boden ist. Zu langsame Flugzeuge sind dann nichts als fallendes Metall.

Problem: zu schnell => Das Flugzeug kann die Dreipunktlage (ohne zu steigen) nicht einnehmen. Wenn aber das Hauptfahrwerk zuerst allein aufsetzt, weil die SchrĂ€glage zu gering ist, bumst das Heck runter, der Anstellwinkel wird grĂ¶ĂŸer: Ein Sprung folgt.

So ist die genaue Anfluggeschwindigkeit, - ich mache sie auch abhĂ€ngig von der Beladung, total wichtig. Es reicht, wenn wir die Stall-Geschwindigkeit mal 1,3 nehmen plus halben Gegenwind. Wir neigen aus Sicherheitsdenken dazu, zu schnell anzufliegen und das ist einem modernen Flugzeug fast egal. Spornradflugzeuge sind aber in der Regel fĂŒr Langsamflug gebaut. Sind wir zu schnell, bekommen wir keine Nase-hoch- Lage und somit keine Dreipunkt-Landung hin.
Ich bevorzuge eine relativ
langsame Landung mit etwas stehendem Gas, also Propellerstrahl, weil ich dadurch sowohl mehr Seitenruderwirkung, also Richtungs- Kontrolle plus Stallpunkt-Kontrolle habe und den Aufsetzpunkt besser bestimmen und kurz ĂŒber dem Boden die Sinkrate minimieren kann: Die Landungen werden lĂ€nger aber sanfter! Durch das Gas bleibst Du der Chef bei der Landung!

Bei der DO27 trimme ich kurz vorher ganz schwanzlastig, um sie leichter in diese extreme Nase-hoch-Aufsetzlage zu bekommen. 

Fazit: Wir mĂŒssen uns also spĂ€testens im Queranflug entscheiden, nach welcher Methode wir gleich landen werden: Im Ausschweben ĂŒber der Asphalt- oder Grasbahn: schnell => Hauptradlandung, langsam => Dreipunktlandung. Das erfordert meist je eine andere Klappenstellung und oben beschriebenes verschiedenes “KnĂŒppelhandling”.

Seitenwind

Ein Spornradflugzeug reagiert schon beim Rollen viel sensibler auf Seitenwind: Es verhÀlt sich wie eine Wetterfahne, will mit dem Schwanz raus aus dem Wind und deshalb mit der Nase in den Wind drehen.

Start bei Seitenwind:
In jedem Fall heißt es, beim Seitenwindstart das Spornrad zur besseren FĂŒhrung so lange am Boden zu halten, bis man sicher ist, dass die Seitenruderwirksamkeit ausreicht, den Windfahneneffekt bei Seitenwind auszugleichen. Dass man dazu je nach Seitenwindkomponente auch einseitig die Bremsen zu Hilfe nehmen muss, ist fĂŒr Spornradpiloten selbstverstĂ€ndlich, -  plus volles Rohr Gas geben: Dann wird aus dem Seitenwind nĂ€mlich bald Wind von vorn. 

Landung bei Seitenwind
 - Anflug:

Ist bei Seitenwind die Radlandung oder die Dreipunktlandung die bessere Alternative? Ich halte bei starkem Seitenwind die Radlandung fĂŒr die sicherere Alternative: s.u.
Durch HĂ€ngenlasssen der Luv-TragflĂ€che gewöhne ich mich an die bis zum ausrollen beizubehaltende ungewöhnliche SchrĂ€glage mit gekreuzten Rudern, mit KnĂŒppel in den Wind, der bei der Radlandung beim Aufsetzen auch noch gedrĂŒckt werden muß.
Um das durch den Geradeaus- Slip höhere Sinken auszugleichen wird meist etwas zusĂ€tzlich Gas gegeben. Überhaupt ist die etwas schnellere Seitenwindlandung sinnvoll, um den relativen Wind zu “begradigen” und Kontrolle zu haben. Wahrscheinlich wird es deshalb eine lange Landung. Diese Methode ist also nicht möglich bei kurzer Piste. 

Wer eine Hauptradlandung bevorzugt, setzt mit höherer Geschwindigkeit auf als bei der Dreipunktlandung. Dadurch ist das Seitenruder noch sehr wirksam. Die Klappen kommen nur in die Startstellung, damit wir weniger Widerstand bieten und Durchstarten einfach ist. Solange das Rumpfheck nach Bodenkontakt des Hauptfahrwerks noch in der Luft ist, ist das Flugzeug dem Seitenwind voll ausgesetzt und will in den Wind drehen. In dieser Phase lĂ€sst sich dies nur durch Gas-stehenlassen – oder Gas geben oder / und Tritte in die Leebremse verhindern.

Es wird eine Landung „auf einem Bein“, nur auf dem Luvrad und relativ schnell => der relative Wind ist gering! Das klingt irgendwie “unheimlich”, ist aber als “fliegende Landung” (“Start-Landung”) besser, als wie ein Blatt, vom Wind verblasen, irgendwie runterzukommen.

Der grosse Vorteil dieser Radlandung ist, dass unser Flugzeug gar nicht weiß, dass es landet! Pilot entscheidet kurz vor und nach dem Bodenkontakt, ob er der Chef ĂŒber den Ablauf ist, ob er und sein Vogel diesen Seitenwind toleriert. Ist das zweifelhaft, braucht er nur Gas geben und fliegt sofort wieder, weil das Ganze incl. Klappen und Trimmung wie in der zweiten Startphase ablĂ€uft!
So kann man Radlandung auf langen Bahnen auch
ĂŒben: Starten bis Heck hoch, drĂŒcken, Gas weg, Heck runter.
Die Durchstartversuche mit Unfall passieren doch, weil alles auf langsame Landung programmiert war und sich ein schwaches Maschinchen mit 45° Klappen nicht mehr hochbringen ließ. Deshalb empfehle ich diese schnelle, aktive Radlandung bei starkem Seitenwind. (In Almeria pfeift regelmĂ€ĂŸig ein 20-kt-Seitenwind, auch gern in Heringsdorf).

IDreipunkt-Landung bei Seitenwind:
Angeflogen wird mit zum Wind hÀngender FlÀche, aufgesetzt wird mit Mindestfahrt (bei Seitenwind schwierig, da nicht schon verblasen zu werden!). Ein Fehler ist es, das Flugzeug zum Aufsetzen gerade zu nehmen. Aufgesetzt wird in Sliplage ohne SeitwÀrtsdrift gleichzeitig mit dem Luvrad und dem Spornrad.

Wegen der geringeren Geschwindigkeit ist die Kontrolle insgesamt geringer als bei der Radlandung,  es wird also eher eine Landung mit Bums und Schepper; - wehe, das Querruder zeigt nicht mehr in den Wind:  die Luv-TragflĂ€che hebt sich => das Ă€ußere Rad setzt zu schnell auf und krallt sich in den Asphalt, => der Ringelpietz ist fĂ€llig (bei mir in Heringsdorf, irgendwo muss es ja sein.)
So gut wie jeder DO-Pilot hat ihn schon hinter sich und wenn nicht, dann vor sich. 

Rollen bei starkem Wind:
Mit dem Aufsetzen ist die Windkorrektur lĂ€ngst nicht am Ende, unter UmstĂ€nden ist jetzt ein noch grĂ¶ĂŸerer Querruderausschlag und Bremsen und Gasgeben erforderlich. Drehen mit dem Heck gegen den Wind kann unmöglich sein. Dann macht man eine „Halse“, wobei sich das Seitenruder erst mal mit Schwung zur falschen Seite dem Windfahneneffekt ergibt, sich aber dadurch die Dreh-Energie holt, um dann weiter in die gewĂŒnschte Richtung zu drehen.

Schlusswort:
Ein Spornradflugzeug will vom Losrollen bis zum Stillstand aktiv beherrscht werden. Zum Zweifeln und Zögern bleibt keine Zeit. Hier erzieht das Pferd den Reiter. Treten mußte können.
Deine fliegende Hexe ist aber total nett. Deshalb baut sich eine starke Beziehung zu diesem Metallwesen auf. Spornradflugzeuge sind wirklich
hochnÀsig!
Siehe dazu Bemerkungen unter “utility-aircrafts”